Fatherland
von Eric Gademann
Illustration: Jossi Schütt
Deutschland, 1964. Hitler hat den 2. Weltkrieg gewonnen. Die Nationalsozialisten beherrschen Europa, Grossbritannien und das europäische Russland. Das Dritte Reich befindet sich in einem „Kalten Krieg“ mit den USA. Aufwendige Vorbereitungen werden für den 75. Geburtstag des „Führers“ getroffen, zu welchem hochrangige Gäste wie der amerikanische Präsident Joseph P. Kennedy erwartet werden.
Ein verregneter Frühlingsmorgen in Berlin. Der Nebel hängt über der Landschaft. Eine Leiche wird an das Kladower Ufer angespült. Kripo-Sturmbannführer Xaver March wird beauftragt, den mysteriösen Tod des hohen Parteibonzen Joseph Bühler aufzuklären. Doch ein Skandal ist so kurz vor dem wichtigen Staatsbesuch nicht erwünscht und die offizielle Untersuchung wird schnell eingestellt. Dennoch ermittelt March weiter und kommt einer Verschwörung auf die Schliche, die bis in die oberste Riege der nationalsozialistischen Führung reicht. Dadurch sind seine Tage nun gezählt.
Der Autor Robert Harris gibt dieser Erzählung den hypothetischen Rahmen eines Siegs der Nazis im Zweiten Weltkrieg. Der frühere Sachbuchautor befasste sich zuvor stark mit dem architektonischem Werk von Albert Speer*, entschloss sich dann allerdings, nicht ein Sachbuch zu verfassen, sondern dies als Kulisse eines Kriminalromans zu nutzen. Und so wurden in diesem fiktiven Grossdeutschland die von Albert Speer geplanten Monumentalbauten tatsächlich verwirklicht, so auch die dominierende Grosse Halle. Viele Charaktere des Buches haben wirklich gelebt, so zum Beispiel das Opfer Joseph Bühler, auch wenn deren Leben nach 1942 einen anderen Verlauf genommen hat. Der Kriminalroman umfasst sechs Tage voller Spannung, mysteriöser Todesfälle und geheimer Akten.
Während das Buch in den Vereinigten Staaten von Amerika schon lange ein Bestseller war, erhielt der Roman in Deutschland zuerst scharfe und negative Kritik. Die deutschen Verlage betrachteten das Buch als deutschfeindlich. Der Spiegel beschuldigte «Fatherland» sogar der «Dämonisierung der Bundesrepublik». Und so wurde es zuerst nur in der Schweiz veröffentlicht.
Viele unerwartete Ereignisse geben der Handlung Zug und Schwung und machen so das Buch attraktiv zu lesen. Harris beschreibt genau und vermengt geschickt Realität und Fiktion. Der historische Kriminalroman hat mir gut gefallen und ich empfehle ihn definitiv gern weiter.
Robert Harris: „Vaterland“ (Original: „Fatherland“, Hutchinson, London, 1992). Aus dem Englischen von Hanswilhelm Haefs. Wilhelm Heyne Verlag. 423 Seiten.
*Albert Speer war Hitlers bevorzugter Architekt, er hätte in Berlin ein monumentales Areal zur Repräsentation des Dritten Reichs bauen sollen, unter anderem ein riesiges Kuppelgebäude, die Grosse Halle.
Hier kannst du mehr über Albert Speer und dessen Pläne in Berlin lesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Welthauptstadt_Germania