Die fabelhafte Welt der A.K.

Die fabelhafte Welt der A.K.

von Jossi Schütt

Illustration: Celina Wolz


Teil I, Einleitung.

A.K., siebzehn Jahre alt, existiert nicht: Mindestens 231 Menschen aber wissen von ihrer Existenz. Mindestens 231 Menschen aber wissen von ihr, dass sie Salsa tanzt und für die Musik lebt. Mindestens 231 Menschen aber wissen von ihr, dass sie französische Wurzeln hat und genau 231 Menschen – da bin ich mir sicher – wissen, dass sie A.K. schon einmal auf den Gängen der Hohen Promenade gesehen haben.

Das ist doch nicht möglich, oder? Aber es ist eine wahre Geschichte, hört mich nur an.

In der Tat hatte ich meinen Spass bei der ganzen Sache. Schon lange habe ich mich gekringelt vor Lachen bei dem Gedanken, die ganze Schule einmal reinzulegen. Am Schluss ist es zwar nicht die ganze Schule geworden, die auf meinen Spass reingefallen ist, sondern nur 231 Menschen, aber immerhin. Der Spass bestand hauptsächlich darin zu sehen, ob man eine Schülerin, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt, mittels modernen Möglichkeiten wie Social Media, erschaffen und durch die HoPro geistern lassen kann. Es funktionierte.

Es war eine langweilige Novembernacht, als ich A. K. befahl zu leben. Am Anfang schuf ich ihren Namen. Ich wusste noch nicht, wie sie aussehen würde, sie war bloss ein wüster Klumpen menschlichen Gewebes in meinen wirren Gedanken, und ich zog mich in mein dunkles Zimmer zurück, um nachzudenken. Ich wollte meine Lampe anzünden, doch es kam kein Licht. Ich rüttelte am Lampenständer und klopfte gegen die Glühbirne, aber es wollte einfach kein Licht kommen. Komisch, dachte ich, ich hatte doch immer gemeint, ich sei...

Ach, ich schweife ab.

 

Teil II, das Erschaffen des Instagramprofils @iamthesavoytruffle.

Der einfachste Weg, eine neue Schülerin zu kreieren, ist natürlich, ein Instagramprofil zu erstellen und in die Bio «HoPro» zu schreiben.

Gesagt, getan, doch wie soll sie bloss ihr Profil nennen, die A.K.?

Als Beatles-Fan – ja, ich gestehe es – nahm ich eine Variation des Titels eines Beatles-Songs, («Savoy Truffle» vom «White Album», ein Song über das Essen) als Profilname, so entstand @iamthesavoytruffle. A.K. ist also «der Savoy Truffle» – eine Aussage, die mir so unsinnug erschien, dass sie perfekt passte.

Es erschien mir ausserdem naheliegend, dass jemand, der von sich sagt, «I am the Savoy Truffle», gern isst.

Ergo musste A.K. halb Französin sein. Ich studierte den Songtext von «Savoy Truffle», stellte mir schon Posts mit Songzeilen als Zitate und so weiter vor, als ich eine Klassenkameradin kontaktierte, die mir noch eine riesige Hilfe werden würde.

Sie holte mich aus meinen Wolken herunter: «Nein!», sagte sie, diese Songzeilen seien peinlich und unpassend und dies und das und ob ich denn eigentlich spinne?! Ebenfalls solle die A.K. ein Hobby haben, sie tanze Salsa! Und übrigens brauche sie ein «französelndes» Profilbild, ich solle nur schnell warten, sie schicke es mir!

Ich wusste dem allem wirklich nichts mehr entgegenzusetzen, befolgte brav die Anweisungen und eröffnete das Profil fünf Minuten später. Das Profilbild war wirklich perfekt, es zeigte eine Frau im blauweissen Pullover mit einer roten Baskenmütze, ihr Gesicht natürlich nicht erkennbar. Woher meine Klassenkameradin das Bild hat, weiss ich bis heute noch nicht, doch ich will an dieser Stelle auch keine Gerüchte in die Welt setzen. Dazu plante ich schon einen ersten Post aus einem der Lieblingscafés der sogenannten «Frappucino-Stan-Smith-Person-des-öffentlichen-Lebens-Fraktion», zu der A.K. zweifellos gehören musste: Joe and the Juice.

Die Maske jeder Existenz (ein Instagram-Profil) war also da. Jetzt müssen nur noch die Freunde kommen; das grosse Suchen; jeden anfragen, der in seiner Instagram-Bio ebenfalls «HoPro» stehen hat.

 

Nach einem Tag: 43 Follower

Nach zwei Tagen: 84 Follower

Nach einer Woche: 125 Follower (mehr als ich selber...)

Jetzt, nach vier Monaten: 231 Follower

 

Es ging schnell, das kann man so sagen. An alle, die auf Instagram @iamthesavoytruffle folgen:

Ihr seid reingelegt worden.

Nun die Frage: Was tun mit der neu gewonnenen Social-Influencer-Macht der A.K.? Was interessiert die Massen? A.K. beim Kochen? A.K. beim Singen? A.K. beim Kaffee trinken? Wie kann A.K. die Welt verändern?

Unglücklicherweise ist A.K. in der darauffolgenden Zeit etwas vom Radar verschwunden, was natürlich mit allem ausser meiner persönlichen Lustlosigkeit zu tun gehabt hat...

Kürzlich ist A.K. aber aus ihrem Winterschlaf aufgewacht und strotzt wieder vor Leben!

Wie wird es mit ihr weitergehen, nachdem ihre Inexistenz ja auf- und damit der ganze Witz irgendwie weggeflogen ist?

Teil III: A.K. lebt weiter

Ganz simpel: der springende punkt bekommt ein neues Instagram-Profil, mit neu 231 Followers.

PS: Ganz herzlich möchte ich mich noch bei dem Typen entschuldigen, der A.K. angeschrieben hat. Ich hoffe schwer, dass ich Deine Hoffungen, welcher Art auch immer, nicht zu sehr enttäsucht habe...


 
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