Schachmatt

Schachmatt


Nur einmal musste der Polizist an die Tür klopfen und schon öffnete der Verdächtigte die Tür.

«Guten Tag!», grüsste ihn ein älterer Mann.

«Polizei! Sie müssen mir ein paar Fragen beantworten», erwiderte der Polizist harsch und zeigte ihm sein Abzeichen.

Sein Gegenüber zögerte einen Moment lang. Er kniff die Augen zusammen und inspizierte das Abzeichen, schliesslich lächelte er aber:

«Natürlich, kommen Sie herein!»

Er trat zur Seite und lud ihn mit einer Handgeste ein.

«Komischer Kauz», dachte sich der Polizist. Obwohl die Wohnung geräumig und ordentlich war, fühlte er sich unwohl beim Eintreten.

«Setzen Sie sich.»

Der Mann zeigte auf einen Sessel im Wohnzimmer.

«Ich gehe kurz Tee kochen – Fühlen Sie sich hier einfach wie zuhause.»

Mit diesen Worten verschwand er in der Küche, während der Polizist ruhig seine Unterlagen auspackte.

Kurz darauf sassen sie sich gegenüber am Tisch, während das Wasser in der Küche leise kochte.

«Bereit?»

Der Mann nickte.

«Wo waren Sie letzten Samstagabend? Ungefähr so um 11 Uhr?»

«Ich war mit meinen Freunden verabredet in einem Restaurant», kam die Antwort aus ihm herausgeschossen. Schnell holte er eine Quittung hervor, die er vorsichtig auf den Tisch legte.

«Sie haben ein sehr gutes Gedächtnis», bemerkte der Polizist argwöhnisch.

Der Verdächtigte liess sich davon nicht beeindrucken und lachte.

«Wenn Sie mir immer noch nicht glauben, fragen sie doch meine Kollegen.» Vorsichtig legte er die Nummern hinzu und grinste selbstsicher. Sein Grinsen verschwand, als der Polizist alles zur Seite schob. «Wollen Sie sich das nicht genauer ansehen?», fragte er verwundert.

 «Nein», erwiderte der Polizist nachdenklich, «Ich würde aber gerne wissen, wo Sie vorgestern Abend waren.» Das Gesicht des Mannes wurde plötzlich kreidebleich und alle Freundlichkeit schwand von seinem Gesicht.

«Aber vorgestern ist doch nichts passiert», sagte er verwirrt, «zumindest habe ich nichts in den Nachrichten gesehen.»

«Erzählen Sie mir trotzdem davon.»

«Aber...»

«Kein aber, es ist ja nicht so, als ob Sie vorgestern etwas verbrochen hätten, oder?»

Der Verdächtigte lehnte sich im Sessel zurück und schwieg. Einen Moment lang hörte man nur das das kochende Wasser blubbern, während beide sich schweigend anstarrten. Schliesslich brach der Verdächtigte das Schweigen: «Um was geht es hier überhaupt? Wieso werde ich verdächtigt?» Er stand drohend auf, seine Hände zu Fäusten geballt.

«Sehr komisch, ich habe gedacht, Sie wüssten schon, worum es geht. Ausserdem stelle ich hier die Fragen», entgegnete der Polizist streng. Der Verdächtigte langte schnell in seine Jackentasche, den Blick fixiert auf den Polizisten. Der Polizist umfasste sofort seinen Waffenholster, den Blick fixiert auf den Verdächtigten.

Wieder Schweigen.

Plötzlich ertönte ein Pfeifen aus der Küche.

«Ah! Der Tee ist fertig», rief der Mann lauthals, «Entschuldigung.» Er verschwand hastig in der Küche.

Kurze Zeit später sassen sie sich wieder am Tisch gegenüber, zwischen Ihnen zwei Tassen dampfender Tee. Niemand lächelte, beide Gesichter waren emotionslos.

Der Verdächtigte nahm sich eine Tasse und bot dem Polizisten an, auch eine zu nehmen. Dieser aber hob seine Hand und zeigte auf die Tasse seines Gesprächspartners.

«Kann ich Ihre Tasse haben?»

«Wieso?», fragte der Verdächtigte entrüstet.

«Ist das nicht eine viktorianische Tasse? Ich bin ein einfach ein grosser Fan solcher Tassen.»

«Ich sehe, Sie sind ebenso ein Mann der Kultur», sagte der Mann und überreichte dem Polizisten zähneknirschend die Tasse. Der Polizist schob die andere Tasse zum Verdächtigten, worauf der ihm mit einem sarkastischen Unterton dankte.

«Trinken wir», schlug der Polizist vor.

«Nein. Der Tee ist noch zu heiss.»

«Tee geniesst man heiss.»

«Ja. Aber nicht zu heiss.»

«Gut, fahren wir fort mit der Befragung, was haben sie vorgestern gemacht?»

Der Verdächtigte antwortete kurz und knapp: «Ich war zuhause.»

Der Polizist notierte sich einige Sätze. Darauf stand er sofort auf und fing an, hastig seine Unterlagen zusammenzupacken. «Ich glaube, die Befragung ist nun zu Ende. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!», sagte er und eilte hastig weg.

Peng! Ein Schuss fiel und hätte der Polizist sich nicht geduckt, wäre er nicht mehr da.

«Du haust mir nicht ab», schrie der Verdächtigte, «niemand haut mir ab!» 

Der Polizist zog seine Pistole hervor und schoss. Glas zersplitterte. Der Verdächtigte, kurz verwirrt, wurde schnell vom Polizisten überrumpelt, der ihm seine Waffe aus seiner Hand schlug. Der Polizist trat blitzschnell ein paar Schritte zurück und zielte mit seiner Waffe auf den Verdächtigten. Der Verdächtigte, seiner Lage bewusst, hob langsam beide Hände in die Luft.

«Schachmatt», sagte der Polizist lächelnd und trank stolz aus der viktorianischen Tasse.

«Schachmatt, tatsächlich», sagte der Täter und grinste.

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