Wir schreiben das Jahr 2140
von Stefanie Affolter
Illustration: Lea Glitsch
Ich starrte auf mein Tablet. Dort lag, auf einer riesigen Datenbank gespeichert, die Lösung zu unendlich vielen Fragen und Problemen. Eine neue Lösung wurde gerade online gestellt und ich konnte es nicht fassen, was mit Grossbuchstaben auf dem Bildschirm stand.
Ich blickte auf und schaute all die Menschen um mich herum an. Niemand hier war ein durchschnittlicher Bürger. Alle diese Leute waren entweder mit einem überdurchschnittlich hohen Intelligenzquotienten beschenkt worden oder sie liessen sich von den überdurchschnittlich Beschenkten helfen. Ich schaute die verschiedenen Gesichter an. Einige sahen ganz normal aus, andere hingegen waren vernarbt oder etwas unförmig durch die Hauttransplationen, die ihre verbrannten Gesichter durchgemacht hatten. Diejenigen, die keine Narben im Gesicht hatten, liefen mit Beinprothesen und Arm-Ersatz umher. Jeder hier war anders und doch gleich.
Ich wandte mich wieder meinem Tablet zu, das mittlerweile schwarz war. Ich entsperrte es wieder und besah mir nochmal den Befund. Es war eine schwarze Akte, auf der mit goldenen Buchstaben «Allerhöchste Geheimhaltestufe» stand. Ich konnte nur darauf zugreifen, weil ich einer der führenden Mediziner der Nation war. Ich beschäftigte mich mit der Neurologie und der Forschung, Nervenzellen zu reparieren oder neu wachsen zu lassen.
Nun sah es so aus, als ob sich die harte Arbeit unzähliger Generationen endlich ausgezahlt hatte. Ich tippte vorsichtig auf die Akte, sie öffnete sich nach einer Reihe Identitätsüberprüfungen und bot mir einen Einblick in das Geheimnis, das ich teilweise schon kannte.
Es offenbarten sich einige Akten von Versuchsobjekten und die Fortschritte und Erkenntnisse der letzten hundert Jahre der Nervenforschung. Tausende von Dokumenten und Aufzeichnungen. Und schliesslich das Ergebnis. In neun von zehn Fällen konnte man die Nerven und Nervensysteme der Menschen nachwachsen lassen.
Ich blickte wieder auf und musterte jetzt im Besonderen die querschnitts- und teilgelähmten Menschen in meinem Vorzimmer. Jetzt hatte ich die Erlaubnis, mit meinen Kollegen zusammen, den ersten Eingriff an einem Menschen auszuüben.
Eines von zahlreichen Leistungen, die die menschliche Rasse in den letzten paar Jahrhunderten verbuchen konnte.
Und ich hoffte auf noch viele mehr.
Wir schreiben das Jahr 2140.
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