Die besten Bücher meiner Gymizeit – Plätze 30-21
Über 40 Bücher habe ich in meiner Gymnasialzeit gelesen. Höchste Zeit, eine Rangliste zu machen. Welche bleiben mir am besten in Erinnerung, welche waren eher eine Qual?
Hinweis: Die Rangliste erfolgte rein nach persönlichem Geschmack. Es kann sein, dass die Rangierung gewisser Bücher bei den Leserinnen und Leser Kopfschütteln auslöst. Sollte das der Fall sein, freuen wir uns über einen Leserkommentar!
30. L’étranger (Albert Camus, Französisch)
Ein Schullektüre-Klassiker. Anregend, provokativ, stilistisch bestechend. Es geht, wie der Titel schon verrät, um einen «Fremden» – Meursault heisst der Typ –, der irgendwie nicht so recht in die Gesellschaft passen will. Dieser Meursault macht dann einen Blödsinn und kommt vor Gericht. Wohl das am kontroversesten besprochene Buch meiner ganzen Schulkarriere. Die einen liebten es, die anderen hassten es. Mir persönlich gefiel die Sprache ausserordentlich, von der Handlung hingegen fühlte ich mich eher abgestossen, ich hatte gleichsam etwas Angst davor. Wie man es wahrnimmt, ist von Person zu Person verschieden, allerdings sollte man das Buch schon irgendwann einmal gelesen haben.
29. Sansibar oder der letzte Grund (Alfred Andersch, Deutsch)
Ich mochte dieses Buch gar nicht, während ich es las. Mittlerweile habe ich es allerdings in einigermassen schöner Erinnerung. Es spielt 1937, als in Deutschland schon die Nazis herrschten, aber der Weltkrieg noch nicht begonnen hatte. Aus verschiedenen Perspektiven erzählt es vom Widerstand gegen und der Flucht vor dem Nazi-Regime, sowie von all den Träumen, die durch die Diktatur zerstört worden sind. Das alles im einprägsamen, pittoresk-rauen Setting einer Stadt an der Ostsee… Deren rote Türme wird man nie mehr vergessen!
28. Lenz (Georg Büchner, Deutsch)
Der noch heute bekannte Sturm-und-Drang-Dichter Lenz litt an einem Nervenleiden. Er ging in ein verlassenes Kaff bei Strassburg, um sich vom gütigen, menschenfreundlichen Priester Oberlin behandeln zu lassen. Diese Geschichte, die sich auch wirklich so zugetragen hat, erzählt Georg Büchner in seiner recht kurzen Novelle Lenz. Büchner war hochtalentiert und ist jung gestorben: im Alter von 24 Jahren nämlich. Da war er schon Dozent für Medizin an der Universität in Zürich. Genau so fühlt sich die Lektüre irgendwie auch an: Wie das Sezieren einer Leiche. Zwischen eisiger Kälte und strahlenden Momenten oszillierend, alles in allem furchteinflössend.
27. Brave New World (Aldous Huxley, Englisch)
Dystopien sind eher nichts für mich. Geschichten, die in einem utilitaristischen Einheitsstaat handeln, in welchem jedes nur ein kleines Rad im Getriebe ist, schlagen mir auf die Stimmung. Brave New World fällt in genau diese Kategorie, ist aber doch sehr unterhaltsam und erschreckend hellsichtig. Im streng geordneten World State herrscht eine Weltregierung, Kinder werden künstlich gebrütet und maschinell erzogen; und die Droge Soma beseitigt jedes Unglück. Die Dinge überschlagen sich aber, als plötzlich aus dem Savage Reservatory, wo noch sogenannte «Urmenschen» leben, ein solcher Urmensch in die Stadt kommt. Vieles im 1932 geschriebenen Brave New World erkannte ich in unserer Welt wieder, was teils beängstigend, teils ermutigend war.
26. Sieben Legenden (Gottfried Keller, Deutsch)
Der Titel ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen. Dieses Buch ist eine Sammlung von sieben Legendenerzählungen mit Titeln wie «Dorotheas Blumenkörbchen», «Der schlimm-heilige Vitalis» oder «Die Jungfrau als Ritter». Die Titel lassen erahnen: In diesem Novellenzyklus geht es um die Religion. Allerdings ist er keinesfalls frömmelnd, sondern macht sich auf subtile, schlaue und unterhaltsame Weise auch ein wenige über die Religion lustig. Empfehlenswert weil: Wann sonst, wenn nicht in der Schule, würde man sich überhaupt an ein Buch mit solcher Thematik heranwagen?
25. Of Mice and Men (John Steinbeck, Englisch)
An diesem Buch gefiel mir der Dialog und die Handlung am besten. Die Handlung dreht sich um die beiden Tagelöhner George und Lennie, die Arbeit auf einem Bauernhof finden. Lennie ist – könnte man sagen – nicht ganz «hugo», und George sozusagen sein Aufpasser. Der grosse soziale Zündstoff auf dem Bauernhof entlädt sich bald, und eine Tragödie passiert.
24. Das Gespenst von Canterville (Oscar Wilde, Deutsch)
Mein erstes Buch überhaupt am Gymnasium. Und was für ein Einstieg! Noch heute ist mir fast alles präsent: Die Handlung, der ausgesprochene Witz, die unvergesslichen Charaktere. Ein fortschrittsgläubiger Amerikaner zieht mitsamt Familie auf ein altes englisches Schloss mit einer prüden, steifen, englischen Haushälterin. Wie die beiden komplett verschiedenen Weltanschauungen aufeinandertreffen, beschreibt Oscar Wilde auf höchst amüsante Art und Weise; schliesslich kulminiert dieser Konflikt, als plötzlich ein Gespenst im Schloss zu spuken beginnt. Ein Buch, das richtig Spass gemacht hat.
23. Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran (Eric-Emmanuel Schmitt, Französisch)
Ein Feel-Good-Buch. Der Junge Momo lernt Monsieur Ibrahim kennen, sozusagen den Omar Sharif des Quartiers. Also der gutmütige Grossonkel, der die Welt bereist hat und mit dem man stundenlange Zeit verbringen könnte. Ibrahim erklärt Momo allerlei über das Leben, und schliesslich unternehmen die beiden einen Roadtrip von Paris aus bis in Ibrahims Heimat Anatolien. Ein fröhlich stimmendes, leichtes, aber trotzdem berührendes Buch. Übrigens verfilmt mit – Omar Sharif.
22. Barbe bleue (Amélie Nothomb, Französisch)
Saturnine, eine selbstbewusste, starke Vorort-Pariserin, ist die neue Untermieterin eines Stadtpalais im noblen Pariser Regierungsviertel. Die Wohnung ist gigantisch – und dazu noch fast gratis! Irgendwo muss da doch ein Haken sein… Ach ja: Der Vermieter, Don Elemirio, ist ein bekannter Frauenmörder – und Saturnine entspricht genau seinem Beuteschema. Doch das alles ist Saturnine egal: Hauptsache sie hat eine Unterkunft. Und vor Don Elemirio Nibal y Milcar, den wir als erschreckend handzahmes Milchbubi kennenlernen, hat sie sowieso keine Angst. Kann sie sich ihm entziehen oder wird sie sein nächstes Opfer? Ein interessantes Buch, das zu einem grossen Teil aus (herausragenden) Dialogen besteht. Dadurch entsteht ein kurzweiliges, teils absurdes Vergnügen.
21. Am kürzeren Ende der Sonnenallee (Thomas Brussig, Deutsch)
Berlin im Kalten Krieg: Die Sonnenallee ist durch die Mauer getrennt in einen langen und einen kurzen Teil. Und an ebendiesem kürzeren Ende wohnt Micha, der etwa in unserem Alter ist. Seinen Alltag als Schüler in der DDR verfolgen wir. Das mag sehr trostlos klingen, ist aber ziemlich unterhaltsam. Die Sprache, aber auch die Situationen sind witzig, komisch und originell: Wohl das lustigste Buch, das ich am Gymnasium (und überhaupt) gelesen habe. Lautes Auflachen während des Lesens garantiert.